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Ortsumfahrung Ahrensfelde (B158n) – die unendliche Geschichte?

von Bernd Allerdissen aus Ahrensfelde

V.i.S.d.P.

Es ist kaum zu glauben, aber der Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg plant und plant und plant, unbeirrt seit 1994, eine der eigentlichen Aufgabenstellung nicht entsprechende aber politisch vorgegebene Ortsumfahrung. Die nach einem Vierteljahrhundert veränderten Rahmenbedingungen und die Bedürfnisse der betroffenen Ahrensfelder und Berliner Bürger bleiben praktisch unberücksichtigt oder werden ignoriert.

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Aus der Freien Wählergemeinschaft wird die

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Nicht besser Brandenburg; hier wollte man möglichst schnell möglichst viel Geld vom Bund abfassen. Der brandenburger Minister Vogelsänger schwadronierte z. B. immer vom Ausfinanzieren, wenn er das 100-prozentige Bezahlen durch den Bund, also durch Andere meinte. Also ab in das Raumordnungsverfahren. Die Planungshoheit wurde dem Land Brandenburg übertragen, ausgeführt durch den Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg. Im Raumordnungsverfahren wird geprüft, ob eine vorgeschlagene Variante nach den diversen Gesetzen und Vorschriften prinzipiell möglich ist, oder wenigstens mit vertretbaren Nachbesserungen machbar wäre. 

Zur allgemeinen Überraschung gab es beim Raumordnungsverfahren trotz des geänderten Untersuchungsraumes keinen Sieger. Variante1 – die Trassenführung über Wuhletalstraße, Kemberger Straße und zwischen Eiche und Ahrensfelde – ist gleichwertig mit der Variante 2 – die Trassenführung über Klandorfer Straße und direkt neben Ahrensfelde.

Der Landkreis Barnim sprach sich, gestützt auf eine zusätzliche fachliche Untersuchung durch ein unabhängiges Ingenieurbüro, für den Bau der Variante 1 aus, weil sie der Aufgabenstellung „Ortsumfahrung Ahrensfelde“ entspricht.

Da aber Berlin die Variante 2 will, schickt zur Jahrtausendwende der Landesbetrieb… seine Mitarbeiterin Frau Fines-Keck als Mediatorin. Ihre Zielvorgabe: die Gemeinden Eiche und Ahrensfelde zu „überzeugen“, einer für beide Gemeinden nachteiligen „Konsenslösung“ zugunsten der Variante 2 zuzustimmen. Im Rahmen des damaligen Straßenausbau-beschleunigungsgesetzes konnten Gemeinden einseitig Bauvorhaben zustimmen. Sie verloren dadurch nachfolgend jedes Mitspracherecht, das beschleunigte aber die Planung. Die Gemeinde Ahrensfelde stieg aus dem Mediationsverfahren aus und die Planungen mussten den normalen gesetzlich vorgegebenen Verlauf nehmen.

Die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt gab 2003 bekannt, dass auf Grund finanzieller Probleme Berlins die Variante 1 nicht realisiert werden kann, da ca. 1,8 km der Trasse in die Baulast Berlins fielen.

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Weil Brandenburg aber unbedingt bauen will, wird politisch motiviert, ohne jede weitere fachliche Untersuchung, mit der Variante 2 in die Linienbestimmung gegangen und die eigentliche Straßenplanung durchgeführt. Die Kosten werden damals mit 24,5 Mio.€ schöngerechnet.

Am Ortseingang von Ahrensfelde soll eine riesige Vierfachkreuzung mit 6m hohen Lärmschutzwänden entstehen. Danach folgen ca. 100 Meter oberirdischer Trog auf Berliner Gebiet als Lärmschutz für die dortige Wohnbebauung. Danach geht es in bis zu 4 Meter hoher Dammlage dicht an Ahrensfelde vorbei – ohne nennenswerten Lärmschutz für den Ort Ahrensfelde.

Die Funktionsfähigkeit dieser 3-fach Straßenkreuzung mit angeschlossenem beschranktem Bahnübergang darf bei bis zu 10.000 Linksabbiegern pro Tag aus Hohenschönhausen angezweifelt werden. Im September 2011 wurden die Planungsunterlagen öffentlich ausgelegt. Mit der Beteiligung der Öffentlichkeit und der Möglichkeit Einwendungen zu formulieren hat das formelle Planfeststellungsverfahren begonnen – das Verfahren zur Erteilung der Baugenehmigung.

Mehr als 1500 betroffene Bürger*Innen machten von ihrem Recht Gebrauch Einwendungen einzureichen. Parallel dazu rügte der Bundesrechnungshof die Kosten des Vorhabens, die inzwischen mit 42,5 Mio.€ beziffert wurden, und das Bundesministerium für Verkehr… weigerte sich die vollen Kosten zu übernehmen.

Und weil jetzt nicht mehr Andere alles bezahlen, macht Brandenburg locker 9 Jahre NICHTS. Keine der ca. 1500 Einwendungen wurde bis heute abgewogen bzw. beantwortet.

Mindestens seit 2017 gab es unter dem Deckmäntelchen Wirtschaftsförderung und Planungssicherheit mehrere öffentlichkeitsscheue Aktivitäten mit dem Ziel, das Projekt wiederzubeleben – ein Akteur, Bürgermeister Gehrke.

Im März 2018 stellte der Abgeordnete des Abgeordnetenhauses von Berlin, Kristian Ronneburg, eine Anfrage zum Thema an die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz.

Welche Einigung haben Berlin und Brandenburg hinsichtlich der Finanzierung des „gedeckelten Trogs“ für die Ortsumfahrung Ahrensfelde getroffen? Welche Kostenschätzung liegt der Realisierung eines „gedeckelten Trogs“ aktuell zu Grunde? Welche Kosten müssten nach aktuellen Berechnungen dafür veranschlagt werden?

ANTWORT: Das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung Brandenburg und die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Berlin sind übereingekommen, dass die auf Berliner Gebiet erforderliche Streckenführung der Ortsumfahrung Ahrensfelde der B 158 über die Klandorfer Straße in Marzahn erfolgt und die Trasse dort in einen abgesenkten Trog geführt wird, der gedeckelt wird. Die Mehrkosten hierfür gegenüber einer ebenerdigen Lösung, die eine ca. 6 m hohe Schallschutzmauer erfordern würde, betragen ca. 10 Mio. EUR, die von Brandenburg und Berlin hälftig getragen werden.

Abgesehen von der implizierten Falschaussage, dass dort – in der 400m langen Klandorfer Straße – die Trasse in einem Trog geführt wird, der in der Planung jedoch weniger als 1/3 der Straße lang ist, soll hier Brandenburger Steuergeld in Berlin verbaut werden.

Im Januar 2020 wird in Ahrensfelde vom Bürgermeister eine Einwohnerversammlung einberufen, unter Teilnahme des Landesbetriebes… und des Bundes. Den Ahrensfelder und Berliner Bürgern*Innen wird verkündet, dass jetzt genügend Geld vorhanden ist – inzwischen 62 Mio.€ – um das Projekt zu finanzieren und deshalb das Planfeststellungsverfahren jetzt fortgesetzt wird.

Die fachlich unvorbereiteten Podiumsmitglieder konnten oder wollten auf die vielen kritischen Fragen der Bürger*Innen nicht konkret antworten. Aber man solle doch vertrauensvoll abwarten, denn auf Grund der inzwischen geänderten Gesetze müssten die Unterlagen ja nochmals überarbeitet werden.

Berlin zeigt derzeit kein Interesse an der Ortsumfahrung. Weder die Ahrensfelder Chaussee nach Falkenberg noch die Klandorfer Straße sind im aktuellen Flächennutzungsplan von 2020 als Übergeordnete Hauptverkehrsstraße oder Trassenfreihaltung dargestellt.

Im Sommer 2020 schlossen sich insgesamt 6 Bürgerinitiativen aus Marzahn Nord-West, Falkenberg und Ahrensfelde zusammen, um den Abbruch des derzeitigen Planfeststellungsverfahrens und eine neue Planung innerhalb eines erweiterten Untersuchungsraums zu erreichen. Denn wie eingangs erwähnt, der vorsätzlich beschnittene Untersuchungsraum konnte nur zu dieser fachlich falschen Lösung führen. Wer es wissen wollte, wusste das spätestens seit 1996, da die Gemeinde Ahrensfelde gegen den zu klein gewählten Untersuchungsraum in jeder Stellungnahme und Veranstaltung opponierte.

Angesichts künftiger Generationen müssen wir einen Neustart wagen, die Veränderungen des letzten Vierteljahrhunderts akzeptieren und den Mut haben groß zu denken. Inzwischen ist es 2021; 27 Jahre nach Planungsbeginn und 10 Jahre nach dem von der Politik verordnetem Stillstand muss im Interesse der Bürger endlich eine fachlich basierte Lösung neu geplant werden!

Das Bündnis der länderübergreifenden Bürgerinitiativen und Akteure hat 2020 eine Online-Petition für den Abbruch des aktuellen Planfeststellungsverfahrens gestartet. Leider kommen derzeit viele Initiativen wegen der Corona-Pandemie nicht vom Fleck. Wir wollen die Aktion beleben und durch Flyerverteilung im März die Bürger*Innen informieren und zur Stimmabgabe für unsere Online-Petition bewegen. Im April wird eine gemeinsame Plakataktion in Marzahn Nord-West und Ahrensfelde stattfinden. Beide Aktionen stehen unter dem Motto:

ES REICHT JETZT!!!

und wir fordern den Abbruch des Planfeststellungsverfahrens. Dass dies eine mehrheitliche Auffassung ist, möchten wir durch eine stimmgewaltige Online-Petition den politisch Verantwortlichen zeigen. Die Teilnahme an der Petition ist bundesweit für jeden Bürger, egal welchen Alters, bis zum 22.08.2021 möglich.

Das Planfeststellungsverfahren für die Straße ist gleichbedeutend mit einem Bauantrag. D.h. wird das Planfeststellungsverfahren weitergeführt, wird die beantragte Straße genehmigt und soll so gebaut werden. Wir wollen keine Autobahn + Dorfstraße mit mehr als doppelt so viel Verkehr und auch keine Mauern durch unser Zuhause.

Nur mit einem Neustart des Verfahrens mit vergrößertem Untersuchungsraum werden wir eine echte Ortsumfahrung für Ahrensfelde und Marzahn Nord-West erreichen können.

“Man soll schlechtem Geld kein gutes Geld hinterherwerfen.”  Alan Greenspan

Februar 2021

 

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Wir erinnern uns. Anfang der 90iger Jahre stellte die Gemeinde Ahrensfelde den Antrag für eine Ortsumfahrung. Als einer der ersten Planungs-schritte wurde 1994 der Untersuchungsraum für die nachfolgenden Planungsschritte festgelegt. Der Untersuchungsraum ist für die weitere Planung das A und O. Alles außerhalb des Untersuchungs-raums darf bei der Lösung nicht mehr berücksichtigt werden – existiert also bei der Planung nicht. Berlin, mit 40 Jahren Wissensvorsprung im bundesdeutschen Planungsrecht, schaffte es von April bis August 1994 den Untersuchungsraum für die Ortsumfahrung so zu verändern, dass man auf den ersten Blick denkt, hier wird großräumiger gedacht.

Doch die zusätzlich ins Spiel gebrachte Variante 4 wäre ein derartiger Umweg gewesen, dass Sie von vornherein chancenlos war.
Die nicht zufällig fehlende südöstliche Ecke im geänderten Untersuchungsraum – von der Wuhletalstraße nach Falkenberg – war für die weitere Planung entscheidend. Vorsichtshalber wurde der Klärwerksableiter noch in neue Wuhle und das nördliche Ende des Blumberger Damms in Kemberger Straße umbenannt. Die vorhandene Trasse östlich der Kemberger Straße wurde zur Parkanlage. Mit diesen Taschenspielertricks glaubte Berlin sich weitestgehend aus der Verantwortung für die Lösung seines Verkehrsproblems im unvollendet gebliebenen nordöstlichen Bezirk Marzahn stehlen zu können. Denn jetzt musste ja eine Lösung gefunden werden, bei der der gesamte Verkehr soweit wie irgend möglich auf der Märkischen Allee rollt. 

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